3. If.E Innovationsworkshop

Jesco Denzel

Mehr Innovationen statt Ausstiegsdebatten

Auf dem 3. Innovationsworkshop am 30. November 2017 in Berlin setzt sich das Innovationsforum Energiewende für eine Neuausrichtung der Energiewende nach der Bundestagswahl ein.

Jesco Denzel

Wir brauchen mehr Innovationen für die Energiewende statt ständig neue Ausstiegsdebatten“, sagte Michael Vassiliadis, Vorsitzender des If.E und der IG BCE in Berlin. Bei den anstehenden Gesprächen von SPD und CDU erwarte Vassiliadis deshalb, „dass alle Fragen auf Null gestellt werden. Dazu gehört auch, die Sinnhaftigkeit von schnellen Ausstiegen Infrage zu stellen.“ Denn sollten nicht regulierte Ausstiege das Leitbild der künftigen Energie- und Industriepolitik sein, werde dies in eine Sackgasse führen, so Vassiliadis.

Jesco Denzel

Michael Heinz, Arbeitsdirektor der BASF SE, appellierte an die neue Bundesregierung „die Energiewende endlich in vernünftige Bahnen zu lenken“. Die energieintensive Industrie kämpfe mit hohen Energiepreisen. „Das schwächt den Standort Deutschland“, warnte Heinz. Die Politik solle deshalb einen „prüfenden Blick“ auf die Kosten-Nutzen-Rechnung legen. Zudem mahnte er verlässliche und faire Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für Unternehmen an.

Die Mitglieder des Innovationsforums bekennen sich klar zu den Pariser Klimazielen. Damit die deutsche Industrie ihre Innovationskraft entfalten könne, benötige sie eine jederzeit sichere Energieversorgung, international wettbewerbsfähige Energiepreise und eine umwelt- und klimaverträgliche Energieerzeugung. Konventionelle Kraftwerke seien dabei der Anker für die politisch gewünschte vollständige Umstellung der deutschen Energieversorgung auf erneuerbare Energien, heißt es in der Initiative „Innovationen für die Energiewende des If.E, die die Partner unterschrieben haben.

Podiumsdiskussion

In der Talk-Runde zum Thema diskutierten Prof. Dr. Georg Erdmann (Leiter des Fachgebiets Energiesysteme an der TU Berlin), Michael Heinz (Arbeitsdirektor BASF SE), Uwe Teubner (Konzernbetriebsratsvorsitzender LEAG), Jochen Homann (Präsident der Bundesnetzagentur) und Michael Vassiliadis (Vorsitzender der IG BCE und If.E) über „Innovationen für die Energiewende – Erwartungen an die 19. Legislaturperiode“

Jesco Denzel

Arbeitsgruppen

In 4 Arbeitsgruppen wurden Detailfragen der Energiewende mit Experten aus Verwaltung und Wissenschaft diskutiert:

Arbeitsgruppe 1: Zukunft des EEG – Umstellung auf Haushaltsfinanzierung?

Jesco Denzel

Anmoderation Dr. Ralf Bartels:

Wir sprechen auf diesem Innovationsworkshop über die Zielkonflikte der Energiewende. Dazu gehört sicher die die Feststellung: Die Energiewende wird teuer.

Allein für die Erzeugung von EEG-Strom werden wir bis 2040 Netto-Subventionen von über einer halben Billion Euro zahlen müssen. Jedes Jahr kommen über 25 Milliarden Euro dazu. Ob das irgendwann weniger wird, weil EEG-Anlagen billiger werden, oder teurer, wenn sie schneller ausgebaut werden und wann und zu welchen Kosten die 1. Generation erneuert werden muss - das wäre eine Arbeitsgruppe für sich wert.

Dass wir jedenfalls alles tun müssen, um die Erneuerbaren kosteneffizient auszubauen, setze ich als Konsens voraus.

Aber es wird viel Geld übrig bleiben, das bezahlt werden muss. Von wem?

Hier beginnt die Debatte um Kostengerechtigkeit:

Umlage auf alle Stromabnehmer? Wer viel verbraucht, zahlt mehr, wer Energie spart, zahlt weniger? Am besten noch Stromsparen mit einer verbrauchsabhängigen Progression der EEG-Umlage anreizen?

Ohne besondere Ausgleichsregelungen im EEG müssten Unternehmen, die sehr viel Strom verbrauchen und sehr viel Geld dafür bezahlen, bekanntlich noch Geld mitbringen, um mit dem Rohstoff Strom Grundstoffe wie Chlor oder auch Aluminium in Deutschland zu produzieren. Stattdessen würden sie energieintensive Prozesse in Deutschland sein lassen. Sie würden im Ausland stattfinden, in Deutschland ginge der Stromverbrauch drastisch zurück und wir würden mühelos unsere Klimaziele erreichen.

Diesen Weg der Deindustrialisierung wollten schon die Väter des EEG nicht gehen, 

dagegen gab und gibt es im EEG die Ausnahmeregelungen für die energieintensiven Industrien in Deutschland - die aber immer wieder in die Diskussion geraten und mit zunehmender EEG-Umlage in Deutschland zunehmend als ungerecht empfunden werden.

Bei der diesen Monat vorgestellten großen Umfrage von IASS und dynamis zum Sozialen Nachhaltigkeitsbarometer lehnte eine Mehrheit von 72 % der Befragten Ausnahmeregelungen für die energieintensive Industrie ab.

Dazu gehören durchaus auch Menschen aus Unternehmen, die auch viel Geld für Strom zahlen, aber nicht unter die Ausgleichsregelungen fallen - vielleicht weil sie knapp unter einem Schwellenwert liegen. Ist jemand hier, der solche Fälle kennt oder sogar selbst betroffen ist? Wenn ja, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie diesen Aspekt nachher in unsere Diskussion einbringen und würde Sie mit einem ersten Beitrag aus dem Plenum berücksichtigen.

Aber was ist eigentlich ungerecht? Ausnahmen für die energieintensive Industrie

oder die Umlage an sich? Warum zahlt mehr, wer mehr Strom verbrauchen muss, 

auch wenn er kein Geld dafür hat? Das betrifft nicht nur stromintensive Unternehmen. Das betrifft auch arme Menschen, denen das Job Center keine Neuausstattung mit energieeffizienten Haushaltsgeräten bezahlt.

Im If.E diskutieren wir daher schon lange über Haushaltsfinanzierung statt Umlage:

Das ist gerechter – so gerecht wie unser Steuersystem. Unternehmen werden nicht in der Wertschöpfung, sondern, nachdem Gewinn erzielt wurde, besteuert. Alle Ausnahmeregelungen würden überflüssig.

Arbeitsgruppe 2: Erneuerbare, Strommarkt, Versorgungssicherheit – Perspektiven für die energieintensive Industrie

Jesco Denzel

Arbeitsgruppe 3: Sektorenkopplung und Zukunfts- Technologien für die Energiewende

Jesco Denzel

Arbeitsgruppe 4: Wie weiter mit dem Klimaschutzplan 2050?

Jesco Denzel

Wir teilen alle das Ziel von Paris, die Erderwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf maximal 2 Grad zu begrenzen. Wir müssen eine reale und internationale CO2-Minderung anstreben und die Verlagerung von Emissionen strikt verhindern. Für die Industrieländer bedeutet das Pariser Abkommen Treibhausgas-Neutralität ab 2050. Das ist nichts weniger als eine gesamtgesellschaftliche Transformation.

Wie plant man die?

Kann man in einem demokratischen Land Ziele für 30 und mehr Jahre in der Zukunft setzen 

und Politik dann nur noch bezogen auf dieses Ziel machen?

Es wird Zielkonflikte geben. Die müssen gesellschaftlich ausgetragen werden.

Es gibt sie jetzt schon:

z.B. um die Stromtrassen durch Bayern,

z.B. um die Standorte für Windenergie-Anlagen

Größere Konflikte werden folgen.

z.B. zwischen Pendlern und Ballungsraum-Bewohnern. 

Die einen brauchen ihren Diesel, um zur Arbeit zu kommen. Die anderen wollen weniger Verkehr in ihrer Stadt. Aber dort fehlen dann bezahlbare Wohnungen.

Wie können wir die Klimaschutzplanung offen halten für demokratische Entscheidungsprozesse solcher Konflikte?