Stoffliche Nutzung der Braunkohle

In weiteren Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wird versucht, die stoffliche Nutzung von Braunkohle voranzutreiben. Als Kohlenstoffträger kann sie als Rohstoff für die chemische und petrochemische Industrie dienen.

Mit einer möglichen Erzeugung von synthetischen Kraft- und Grundstoffen für die chemische Industrie kann die Rohstoffbasis ausgeweitet werden. Deutschland könnte potenziell die Importabhängigkeit von Öl und Gas verringern; die Rohstoffversorgung der Industrie würde diversifiziert.

Die Vorteile lägen insbesondere in der Verfügbarkeit dieses Rohstoffes: Braunkohle wird in Deutschland noch Jahrhunderte lang abbaubar sein. dadurch sind Schwankungen der Wechselkurse, Herausforderungen der Versorgungssicherheit wegen politischer Instabilitäten und andere Volatilitäten ausgeschlossen.

  • Bereits jetzt werden rd. 15.000 t Industriewachs aus Braunkohle bei der Romonta GmbH in Sachsen-Anhalt produziert; das Unternehmen zählt somit als Vorbild für die stoffliche Nutzung von Braunkohle (weitere Informationen).
  • Im Rahmen eines vom BMBF geförderten Innovationsforums haben sich im Jahr 2008 regional verwurzelte Unternehmen in Mitteldeutschland zusammengefunden, die eine stoffliche Nutzung im Rahmen des Innovationsforums „Innovative Braunkohlenintegration in Mitteldeutschland“, kurz ibi, erkundeten (weitere Informationen).

Ziel war es, technische Lösungen und finanzielle Wege aufzuzeigen, wie die Prozessschritte von der Lagerstätte über die Gewinnung und Aufbereitung bis zur stofflichen Umsetzung (Extraktion, katalytische Spaltung, Vergasung) vernetzt und optimiert werden könnten. Dazu war es notwendig, Felder zur stofflichen Verwertung der Braunkohle zu identifizieren, vollständig neue Technologien, Anlagen und Verfahren zu entwickeln und insbesondere diese aufeinander abzustimmen. Das Alleinstellungsmerkmal der entwickelten ibi-Technologieentwürfe war die kaskadenartige Nutzung der Braunkohle über verschiedene Prozessstufen hinweg. Dieser Veredlungsprozess aggregiert die Extraktion, die Katalytische Spaltung (Niedertemperaturkonversion) sowie die Vergasung. Dadurch wird auch der Anfall von Reststoffen minimiert und die Umweltbelastung reduziert. Im ibi-Verbund konnte gezeigt werden, dass die technischen Voraussetzungen vorhanden sind und bei Integration in einen Chemiepark auch die Wirtschaftlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen erreicht werden könnte.  Dabei wäre die Umweltverträglichkeit der Technologien gewährleistet.

Die stoffliche Nutzung der Braunkohle ist allerdings abhängig von der Preisentwicklung anderer Rohstoffe, insbesondere von Öl und Gas, sowie dem Emissionshandelssystem.

Bei einer entsprechenden Preisentwicklung dieser Rohstoffe könnte laut dem Rektor der Bergakademie Freiberg, Prof. Bernd Meyer, die stoffliche Nutzung von Braunkohle mit den entwickelten innovativen Verfahren wirtschaftlich bereits in kurzer Zeit rentabel sein. Bis zu 30 Prozent  der Chemierohstoffe in Deutschland könnten seiner Ansicht nach bis 2030 aus Braunkohle stammen.

Angesichts der Preisschwankungen der letzten Jahre bei Öl und Gas sollten keine alternativen Rohstoffe und Technologien voreilig ausgeschlossen werden. Braunkohle kann wesentlich zur Energie- und sonstigen Versorgungssicherheit Deutschlands beitragen. Einerseits bedarf es dazu des Ausbaus von Know-How mittels Forschung auf diesem Gebiet; andererseits eine breite öffentliche Akzeptanz für derartige Aktivitäten.